Ampel unterstützt Bürgerrat zu Corona-Fehlern

Intensivmediziner rechnen mit neuer Corona-Welle

Die Ampel-Fraktionen sprechen sich grundsätzlich für eine Aufarbeitung der deutschen Corona-Politik in einem Bürgerrat aus. Grünen und FDP geht das aber nicht weit genug – sie fordern zusätzlich eine Enquetekommission, die Lehren aus den Pandemiejahren ziehen soll.

„Aus meiner Sicht wäre der Bürgerrat ein absolut geeigneter Ort für die Aufarbeitung des Umgangs mit der Corona-Pandemie“, sagte Marianne Schieder, Vorsitzende der Berichterstattergruppe Bürgerrat im Bundestag, dem „Stern“. Die SPD-Abgeordnete verwies darauf, dass die Zusammensetzung eines Bürgerrats die Gesellschaft widerspiegele und Menschen, die erheblich von den Maßnahmen betroffen gewesen waren, in die Aufarbeitung miteinbezogen werden könnten. „Wir als SPD-Bundestagsfraktion befürworten genau deshalb die Beauftragung des nächsten Bürgerrats mit diesem Thema“, sagte Schieder. Ähnlich hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) argumentiert.

Am sympathischsten sei ihm der Vorschlag, dass sich Bürgerräte mit dem Thema beschäftigen, sagte er in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“. Grüne und FDP befürworten zwar ebenfalls einen Corona-Bürgerrat, fordern zusätzlich aber eine Enquetekommission. „Ein Paket aus einem Bürgerrat und einer Enquetekommission halten wir für sachgerecht, damit wir für zukünftige ähnliche Situationen besser gerüstet sind“, sagte Maria Klein-Schmeink, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, dem „Stern“. Dazu befinde man sich in Abstimmung zwischen den Ampel-Fraktionen.

Die FDP hält eine Enquetekommission sogar für „zwingend“ notwendig. „Ein Bürgerrat kann ergänzen, aber er kann niemals verbindliche Schlüsse ziehen“, sagte Andrew Ullmann, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, dem Magazin. „Die politische Aufarbeitung gehört ins Parlament“, forderte der FDP-Politiker. Die Verantwortung habe bei den politischen Entscheidungsträgern gelegen, jetzt sei es die Verantwortung der Parlamentarier, die Entscheidungen zu prüfen und Schlüsse daraus zu ziehen. Es könne und dürfe nicht sein, dass man als Parlamentarier die Verantwortung für das, was geschehen sei, an eine zusammengewürfelte Versammlung von Bürgern abgebe, mahnte Ullmann.

Intensivmediziner rechnen mit neuer Corona-Welle

Experten rechnen angesichts steigender Infektionszahlen mit einer neuen Corona-Welle. „Die Hinweise sind eindeutig: Es baut sich gerade eine Corona-Sommerwelle auf“, sagte der Intensivmediziner Christian Karagiannidis den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Infektionszahlen steigen, auch in den Kliniken sehen wir wieder Patienten mit positivem Corona-Test.“ Der Mediziner, der auch Leiter des Intensivregisters der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) ist, sieht allerdings keinen Grund zu erhöhter Sorge: „Wir haben keine schweren Fälle mehr, insgesamt ist die Krankheitslast bei den aktuellen Varianten und der sehr guten Immunität der Bevölkerung gering.“ Patienten mit Long Covid, mit einem medikamentös stark gedämpften Immunsystem oder Transplantierte sollten dennoch vorsichtig bleiben und sich schützen, so Karagiannidis. Risikopatienten sollten sich im Herbst eine Auffrischungsimpfung holen – nach den Vorgaben der Ständigen Impfkommission. +++