Diakonie kritisiert Lindner-Äußerungen zu Kinderarmut scharf

SPD pocht auf Kindergrundsicherung

Christian Lindner (FDP)

Der Diakonie-Präsident Ulrich Lilie hat scharfe Kritik an den Äußerungen von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) zur geplanten Kindergrundsicherung geübt. „Das geht schon in Richtung Fake News“, sagte Lilie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ zu Lindners Aussage, zusätzliche „Milliardentransfers“ für die Kindergrundsicherung würden nicht weiterhelfen, weil Kinderarmut oft in der Bildungs- oder Erwerbsarmut der Eltern begründet sei. „Tatsächlich haben viele dieser Eltern Jobs im Niedriglohnsektor“, sagte Lilie.

Sie bräuchten Sozialhilfe, um überhaupt über die Runden zu kommen. Je höher die Belastung der Eltern, desto höher müsse auch die Förderung sein. Er beklagte ferner, bei bestehenden Hilfen wie dem Kinderzuschlag sei die Antragstellung so kompliziert, dass die meisten berechtigten Familien sie nicht in Anspruch nähmen. Nach offiziellen Angaben beantragen nur rund 30 Prozent der Berechtigten den – inzwischen auf bis zu 250 Euro erhöhten – Kinderzuschlag. Der Präsident des deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, sagte, allein mehr Geld für die Eltern sei nicht der Königsweg. Er plädierte stattdessen für kostenlose, verpflichtende Förderkurse für Kinder mit Lerndefiziten und schlug vor, das Programm „Digitalpakt Schule“ neu aufzulegen. 500 Millionen Euro für Schülerlaptops seien bereits geflossen. „Während an manchen Schulen das Geld nicht vollständig abgerufen wurde, hat es an anderen Schulen, gerade in sozialen Brennpunkten, nicht ausgereicht. Ich könnte mir vorstellen, dieses Programm nochmals neu aufzulegen“, sagte Meidinger. Zudem stehe man bei der Förderung von Schülern mit Migrationshintergrund „noch ganz schlecht da“. Bei kostenintensiven Schulprojekten wie Skifreizeiten oder Schulfahrten sei die Unterstützung sozial benachteiligter Kinder noch unzureichend – hier könne eine Kindergrundsicherung den Betroffenen theoretisch zugutekommen. „Allerdings habe ich so meine Zweifel, ob dieses Geld am Ende wirklich zu 100 Prozent bei den Kindern selbst ankommt“, sagte er.

Grüne fordern Positionierung von Scholz zur Kindergrundsicherung

Im Streit um die Kindergrundsicherung sieht Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der Verantwortung. „Jetzt ist es auch an der Zeit, dass der Kanzler hier mal Position bezieht und sagt, ob er es ernst meint mit dem Kampf gegen Kinderarmut“, sagte der Grünen-Politiker dem RBB. „Wir haben Konzepte vorgelegt.“ Dem widersprach Linda Teuteberg, die für die FDP im Bundestag sitzt: „Das, was Frau Paus uns vorgelegt hat, war jetzt noch nicht überzeugend“. Erstmal müsse die Bundesfamilienministerin ein „ordentliches Konzept“ vorlegen. Mit der im Koalitionsvertrag vereinbarten Kindergrundsicherung ab 2025 will die Ampel-Koalition mehr Kinder aus der Armut holen. Die Finanzierung ist in der Ampel-Koalition allerdings umstritten. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) will eine Aufstockung auf zwölf Milliarden Euro, Finanzminister Christian Lindner (FDP) sieht dafür jedoch kaum finanziellen Spielraum. Seine frühere Generalsekret  ärin Teuteberg sagte im RBB, wenn Paus einen finanziellen Mehrbedarf sehe, müsse sie den „jetzt plausibler darlegen“. Auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Ottilie Klein sprach im RBB von einem fehlenden Konzept der Bundesfamilienministerin. „Also mir ist da noch nichts begegnet. Es gibt ein Eckpunktepapier, das auch nicht transparent ist, wo auch die Zahlen nicht drinstehen. Uns ist nicht ganz klar, was da geplant ist.“

SPD pocht auf Kindergrundsicherung

Im Streit der Ampel-Koalition um die Einführung einer Kindergrundsicherung hat SPD-Vizefraktionschef Sönke Rix von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) ein detailliertes Konzept für ihre Zwölf-Milliarden-Euro-Forderung verlangt und zugleich Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor einer Beschränkung auf die Kindergelderhöhung gewarnt. „Die Kindergrundsicherung ist zwischen den Koalitionspartnern vereinbart – und sie wird auch kommen“, sagte Rix dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die SPD habe bereits eine massive Erhöhung des Kindergelds durchgesetzt. „Das allein reicht aber nicht“, mahnte Rix. „Beim Bezug von Bürgergeld wird das Kindergeld beispielsweise als Einkommen verrechnet. Einige Familien profitieren also erst gar nicht von der Erhöhung.“ Vor allem die Kinder und Jugendlichen sollten von der neuen Leistung profitieren, die die meiste Unterstützung brauchen, so der Sozialdemokrat. „Das heißt: Die Kindergrundsicherung soll einkommensabhängig ausgezahlt werden und sich an den wirklichen Bedürfnissen der Kinder orientieren.“ Familien mit niedrigerem Einkommen würden eine höhere Unterstützung erhalten als Familien mit höherem Einkommen. „Der nächste Schritt ist nun, dass die Familienministerin ein konkretes Konzept vorlegt, wie eine Kindergrundsicherung aussehen soll, die diese Ansprüche erfüllt“, sagte Rix. +++