EU-Kommission plädiert für aktivere Industriepolitik

Industrie verlangt eigenen Ansprechpartner in neuer EU-Kommission

Europa sollte nach Einschätzung der EU-Kommission bei Schlüsseltechnologien eine aktivere Industriepolitik betreiben. Die Behörde werde die „Bildung von Allianzen fördern, um die gemeinsame Finanzierung großangelegter Industrieprojekte durch Mitgliedsstaaten und Industrie zu erleichtern“, heißt es in einem Entwurf der neuen Industriestrategie der Kommission, über den das „Handelsblatt“ berichtet. Eine zielgerichtete Förderung in einer begrenzten Zahl von strategisch wichtigen Sektoren sei nötig, wenn einzelne Länder oder Unternehmen die Vorhaben nicht allein bewältigen könnten. Eine Expertengruppe mit Vertretern aus der Wirtschaft und den Mitgliedsstaaten hat im Auftrag der Behörde bereits mehrere solcher Technologiefelder identifiziert.

Dazu zählen etwa autonomes Fahren, Wasserstoff, digitale Medizin und Cybersicherheit. Als Muster für die enge Zusammenarbeit von Staat und Industrie dient ein erstes „wichtiges Vorhaben von gemeins amem europäischen Interesse“ (IPCEI) in der Mikroelektronik, das die Kommission Ende 2018 beihilferechtlich genehmigt hatte. Zudem bemüht sich Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) derzeit, zwei europäische Konsortien zur Fertigung von Batteriezellen auf die Beine zu stellen. Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten die Kommission im März mit der Formulierung einer neuen Industriestrategie beauftragt, um die Gemeinschaft besser für Herausforderungen wie Digitalisierung oder den Wettbewerb mit China zu wappnen. Die Arbeiten an dem Papier sind bereits weit fortgeschritten, die Kommission zögert aber, die Strategie bereits jetzt zu veröffentlichen. Wahrscheinlich werde das Dokument erst nach der Amtsübernahme durch die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) verabschiedet, heißt es in Brüssel. Die CDU-Politikerin dürfte dann noch Einfluss auf den Inhalt der Strategie nehmen.

Industrie verlangt eigenen Ansprechpartner in neuer EU-Kommission

Die europäische Industrie stellt Forderungen an die designierte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU). In der Wirtschaft herrsche die „Erwartung, einen spezifischen Ansprechpartner in der neuen Kommission im Range eines Vize-Präsidenten zu bekommen“, heißt es in einem Brief des Dachverbandes Business Europe an von der Leyen, über den das „Handelsblatt“ berichtet. Dieser solle dafür sorgen, dass die unterschiedlichen Politikvorschläge der Behörde kohärent seien mit Blick auf das Ziel von mehr Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit. Der Verband, dem unter anderem BDI und BDA angehören, befürchtet, dass die neue Kommissionspräsidentin einen der beiden bereits gesetzten „Executive Vice Presidents“, Frans Timmermans und Margrethe Vestager, mit der Aufgabe beauftragt, zusätzlich zu anderen Themen. „Sollten die Vize-Präsidenten sehr breite Portfolios bekommen, würde es unabhängig von der Person schwierig, sich gezielt für bestim mte Themen einzusetzen“, warnte Markus Beyrer, Generaldirektor von Business Europe. Von der Leyen hält sich bislang bedeckt, wie sie die Arbeit in der neuen Kommission verteilen will, die am 1. November die Geschäfte übernehmen soll. Sie will Anfang nächster Woche verkünden, welche der 26 Kommissare und Kommissarinnen welche Aufgaben übernehmen soll – vorausgesetzt, die Regierung Italiens nominiert noch rechtzeitig ihren Kandidaten. +++