Ex-Heeresinspekteur: Berlin sollte Leopard-2-Lieferung koordinieren

Der frühere Inspekteur des Heeres, Bruno Kasdorf, hat sich für eine führende Rolle Deutschlands bei der Koordination der Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern verbündeter Staaten an die Ukraine ausgesprochen. „Es ist naheliegend, dass wir das anpacken, weil wir als Produktionsland die Exportgenehmigungen geben müssen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Kasdorf verwies auf die sogenannte LeoBen-Gruppe, eine Gruppe aus 19 Leopard-2-Benutzerstaaten.

Innerhalb dieses Kreises könne Deutschland die Lieferung im europäischen Verbund koordinieren. Am Freitag kommen die Verteidigungsminister der westlichen Verbündeten der Ukraine auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zusammen. Bei dem Treffen geht es um weitere militärische Unterstützung für die Ukraine, die seit langem westliche Kampfpanzer fordert. „Ich weiß, dass es in der Truppe knirscht, wenn sie weiteres Material an die Ukraine abgeben muss“, sagte Kasdorf. „Gleichwohl  halte ich es für absolut wichtig, dass die Ukraine jetzt so schnell wie möglich weiteres Großgerät bekommt, darunter auch den Kampfpanzer Leopard. Wir müssen zusehen, dass wir als Deutsche den Prozess konstruktiv nach vorne bringen, dass die Truppe aber gleichzeitig ihre Aufgaben etwa bei der schnellen Eingreiftruppe im Baltikum weiter wahrnehmen kann.“ Kasdorf sagte mit Blick auf die LeoBen-Gruppe: „Jetzt käme es darauf an, hinzugehen und zu sagen: Wer von denen verfügt zurzeit über die gleichen Baumuster, sagen wir mal den Leopard 2 A4. Das gleiche Baumuster ist aus Gründen der Ausbildung und der Logistik sehr wichtig. Das wäre dann die erste Tranche an die Ukraine.“ Parallel müsse die Instandsetzung von Leopard-2-Panzern durch die Rüstungsindustrie hochgefahren werden. „Dann müsste man sehen, wie man über die Zeitachse hinbekommt, dass die Ukrainer kontinuierlich mit den Panzern, mit Ersatzteilen und mit Munition versorgt werden.“ Der früheres Heeresinspekteur sagte weiter: „Bei  uns in Deutschland sehe ich erst Anfang nächsten Jahres, dass wir in der Lage wären, Leopard 2 zu liefern.“ Möglich wäre aber die Lieferung des Vorgängermodells Leopard 1. „Der Leopard 1 ist ein verlässlicher Panzer, der durchaus auch den heutigen Anforderungen genügt.“

Ex-Bundeswehr-General erwartet Leopard-Zusage in Ramstein

Der ehemalige Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse rechnet damit, dass die Bundesregierung bald Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine verschickt. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung beim Treffen der Ukraine-Unterstützer am Freitag in Ramstein die Zusage für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern macht“, sagte Domröse den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Ich gehe davon aus, dass sie den europäischen Partnern nicht nur die Verschickung der Kampfpanzer erlaubt, sondern selbst noch Leos aus dem Bestand der Bundeswehr dazugibt – vielleicht im niedrigen zweistelligen Bereich.“ Auf diese Weise könnten der Ukraine insgesamt rund 100 Leopard-Panzer aus Europa geliefert werden. Mit Blick auf die Bereitschaft in verschiedenen europäischen Ländern, Leopard-Panzer an die Ukraine zu liefern, sagte der Ex-General: „Die Bundesregierung kann es sich nicht leisten, keine Leopard-Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern.“ Polen, Finnland und Spanien wollten dies tun, so Domröse. „Würde die Bundesregierung die Genehmigung hierfür verweigern, wäre dies gegen Europa.“

Bulgarien lieferte heimlich Waffen und Diesel an Ukraine

Obwohl Bulgarien offiziell über Monate Waffenlieferungen an die Ukraine verweigerte, hat die Regierung in Sofia ab dem Frühjahr 2022 über Zwischenhändler die Lieferung von Diesel, Munition und Rüstungsgütern an die ukrainische Armee genehmigt und ermöglicht. Zeitweise deckte Bulgarien damit mehr als ein Drittel des ukrainischen Bedarfs. Das machen nun erstmals Recherchen der „Welt“ öffentlich. Demnach soll Kiew im April inoffiziell Sofia um Hilfe gebeten haben, weil der ukrainischen Armee sowohl die Munition aus sowjetischer Produktion als auch der Treibstoff beinahe ausgegangen wäre. Mit dieser verdeckten Strategie setzte sich der damalige Premier Kiril Petkow über seinen Koalitionspartner, die Sozialistische Partei, hinweg, die direkte Waffenlieferungen an Kiew strikt abgelehnt hatten. Sowohl die Lieferungen der Munition als auch des Diesels liefen nicht von Regierung zu Regierung, sondern über zwischengeschaltete Firmen in Bulgarien und im Ausland; beides wurde auf dem Luft- und Landweg über Rumänien, Ungarn und Polen in die Ukraine gebracht. Das bestätigte der damalige Regierungschef und heutige Oppositionspolitiker Kiril Petkow jetzt der „Welt“. Seine Regierung habe Zwischenhändlern die Genehmigung zur Ausfuhr erteilt. „Unsere private Militärindustrie produzierte auf Hochtouren“, sagte er. „Wir schätzen, dass rund ein Drittel der von der ukrainischen Armee benötigten Munition in der frühen Phase des Krieges aus Bulgarien kam“; so Petkow weiter. Besonders brisant: Der Diesel, den Bulgarien unbemerkt von der Öffentlichkeit lieferte, wurde aus russischem Rohöl in der Raffinerie am Schwarzen Meer gewonnen, die damals zur russischen Firma Lukoil gehörte. Der damalige Finanzminister Assen Wassilew sagte der „Welt“: „Bulgarien wurde zu einem der größten Exporteure von Diesel in die Ukraine und deckte zeitweise 40 Prozent des ukrainischen Bedarfs.“ Die Regierung in Kiew bestätigte auf „Welt“-Anfrage die Unterstü  tzung. Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte, dass seinem Land im vergangenen April die Munition auszugehen drohte. „Wir wussten, dass die bulgarischen Lagerhäuser über große Mengen der benötigten Munition verfügten, und so schickte mich Präsident Selenskyj, um durch diplomatische Geschicklichkeit das notwendige Material zu beschaffen“, so Kuleba. Es sei damals um „Leben und Tod“ gegangen, sagte er. Petkow habe Kuleba dann zugesichert, dass er „alles in seiner Macht Stehende“ tun werde, obwohl seine innenpolitische Lage „nicht einfach“ sei. Es sei nicht um direkte Lieferungen gegangen, sondern darum, „dass ukrainische Unternehmen und Unternehmen aus NATO-Ländern die Möglichkeit erhielten, bei bulgarischen Verkäufern zu beschaffen, was benötigt wurde“, so Kubela. In der Folge habe sich Kiril Petkow „als integer erwiesen, und ich werde ihm immer dankbar sein, dass er sein ganzes politisches Geschick eingesetzt hat, um eine Lösung zu finden“, sagte Kuleba. Die Geschichte se  i im Grunde einfach: Während sich einige Mitglieder der bulgarischen Koalition auf die Seite Russlands stellten, habe sich Petkow entschieden, „auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen und uns zu helfen, uns gegen einen viel stärkeren Feind zu verteidigen“, so Kuleba. +++