Haushaltsausschuss macht Weg für Sondervermögen frei

Kritik kommt von der Opposition

Der Haushaltsausschuss des Hessischen Landtags hat heute in einer Sondersitzung über das erste Corona-Maßnahmenpaket der Landesregierung beraten, das aus dem zwölf Milliarden Euro schweren Schattenhaushaushalt finanziert werden soll. Insgesamt 26,7 Millionen Euro fließen in den Aufbau der digitalen Lehre, in die Hilfe für Studierendenwerke, einen neuen Fonds für EU-Forschungsprojekte von Hochschulen sowie ein Netzwerk Pandemie an den Unikliniken. Alle Hilfen wurden heute vom Ausschuss in einer Sondersitzung bewilligt. Insgesamt hat die hessische Landesregierung 31 konkrete Hilfsmaßnahmen im Volumen von zusammen fast 1,2 Milliarden Euro vorgelegt.

„Im ersten Nachtragshaushalt und mit unserem Kulturpaket hatten wir die Freiberufler, Solo-Selbständige, Einrichtungen und Kleinstunternehmen im von der Corona-Pandemie besonders betroffenen Kulturbereich im Fokus. Nun konzentrieren wir uns auf Forschung und Innovation – sie sind für die Bekämpfung der Pandemie wichtiger denn je. Unsere Hochschulen haben bei der Schaffung der Strukturen für digitale Lehre großartige Arbeit geleistet und die Studierendenwerke die Studierenden unter schwierigen Umständen hervorragend unterstützt. Mit den Hilfen, die wir ins Sondervermögen eingebracht haben, wollen wir den Studierenden, Hochschulmitarbeitenden, Forscherinnen und Forschern weiter durch diese schwere Zeit helfen und eine gute Zukunft sichern“, kommentierte Wissenschafts- und Kunstministerin Angela Dorn.

Mit zusätzlichen zwölf Millionen Euro unterstützt das Land Hessen die Studierendenwerke. Sie sind besonders von Liquiditätsengpässen bedroht, da sie weiterhin ihre fixen Kosten wie etwa für Personal, Hygienemaßnahmen und Betrieb unverändert leisten müssen, demgegenüber aber nach wie vor Einnahmen fehlen – etwa durch reduzierten Mensabetrieb und Leerstände in den Wohnunterkünften. Zusätzliche 2,3 Millionen Euro fließen in die Ausweitung der digitalen Infrastruktur an den Hochschulen, die ihre Präsenz- durch Online-Veranstaltungen ersetzen mussten. Darunter fallen zum Beispiel Kosten für Livestreaming, Servermieten, Kapazitäten für Home-Office-Aktivitäten sowie Notfonds für studentisches Arbeitsmaterial.

Mit jährlich zwei Millionen Euro bis einschließlich 2023 wird der neu aufgelegte zukunftsträchtige Fonds „Hessen Horizon“ unterstützt. „Hessen Horizon“ soll vielversprechende hessische Forschungsprojekte voranbringen und dadurch mehr erfolgreiche Forschungsanträge bei der EU ermöglichen. Das Programm wird hessischen Hochschulen und bestimmten hessischen Forschungseinrichtungen helfen, ihr Potential für EU-Forschungsprojekte künftig bestmöglich auszuschöpfen, um damit einen noch stärkeren Beitrag zu regionaler Beschäftigung und Innovation zu erreichen. Ziel ist es, die aktuellen pandemiebedingten Herausforderungen des Arbeitsmarkts mit innovativen Entwicklungen und Forschungsideen aus Hessen zu überwinden, auch in Kooperation mit Unternehmen. Ein besonderer Fokus für Wege aus der aktuellen Krise liegt auf den wichtigen Bereichen nachhaltiges und ökologisches Wachstum, Klimaschutz und Digitalisierung, aber auch auf der Pandemieforschung. Die EU-Kommission setzt im neuen Forschungsrahmenprogramm ab dem nächsten Jahr insbesondere auf diese Zukunftsthemen. Zudem wird mit 4,3 Millionen Euro ein Pandemie-Netzwerk unter den hessischen Unikliniken aufgebaut. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Frankfurt, Marburg und Gießen arbeiten mit einander ergänzenden Ansätzen der Grundlagenforschung daran, auf Bedrohungen durch Viren vorbereitet zu sein.

Kritik kommt von der Opposition

Der SPD-Haushaltspolitiker Torsten Warnecke sagte nach der Sitzung, deren Verlauf sei überraschungsfrei gewesen: „Es war vor der Sitzung klar, dass die Ausschussmehrheit von CDU und Grünen alles abnicken würde, was der Finanzminister vorgelegt hat. Und genau so war es. Das Einzige, was nicht vorhersehbar war, war der Umstand, dass die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien während der Sitzung nicht einmal Fragen an den Finanzminister stellen wollten.“ Die in dem Maßnahmenpaket vorgesehenen Mittel, mit denen die Gewerbesteuerausfälle ausgeglichen werden sollen, die den Kommunen infolge der Corona-Krise entstehen, seien für die SPD unstrittig gewesen, so Warnecke: „Dieser Teil des Maßnahmenpakets steht als einziger auf einer soliden Grundlage, weil es dazu eine Vereinbarung des Bundes mit den Ländern gibt, die maßgeblich von Bundesfinanzminister Olaf Scholz gestaltet wurde.“ Bei nahezu allen anderen Einzelmaßnahmen, die dem Haushaltsausschuss heute vorgelegt wurden, sei es dem Finanzminister aber nicht gelungen, Zweifel an deren Ausgestaltung auszuräumen. „Da wurden beispielsweise 150 Millionen Euro für zusätzliche Lehrkräfte an den Schulen bis Ende 2021 beantragt, ohne zu erläutern, wo die 1.400 zusätzlichen Lehrkräfte herkommen sollen, die man damit bezahlen könnte. Wir alle wissen: Es gibt derzeit keine Lehrerinnen und Lehrer, egal wieviel Geld die Landesregierung einplant. Deshalb ist schon jetzt absehbar, dass von diesen 150 Millionen Euro ein erheblicher Teil nicht ausgegeben werden kann“, so Warnecke.

Auch die meisten anderen Einzelmaßnahmen des ersten Corona-Pakets seien von Unstimmigkeiten geprägt. Zudem gebe es bei einem Gutteil der Vorhaben berechtigte Zweifel daran, dass diese in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Corona-Krise stünden, kritisierte Torsten Warnecke. Schmerzlich vermisst habe seine Fraktion in dem vom Finanzminister vorgelegten Paket vor allem einen Hinweis, wie das wirtschaftliche Überleben der hessischen Krankenhäuser sichergestellt werden solle. „Offensichtlich hat die Landesregierung dazu überhaupt keinen Plan, sonst hätte der Minister doch wenigstens grob skizzieren können, welche Mittel hierfür aus dem Sondervermögen fließen sollen“, sagte Warnecke. Insgesamt habe die Sondersitzung des Haushaltsausschusses bewiesen, dass mit dem von den Regierungsfraktionen beschlossenen Genehmigungsverfahren für die Einzelmaßnahmen aus dem Schattenhaushalt eine ordentliche Haushaltsgesetzgebung und –kontrolle nicht möglich sei: „Mit der schwarzgrünen Mehrheit im Ausschuss werden jetzt im Galopp Milliardenausgaben beschlossen, obwohl die Informationstiefe nicht gewährleistet ist, die für eine seriöse Beratung der Einzelpositionen erforderlich wäre. Die Sitzung heute bestätigt jedenfalls alle Vorbehalte, die die SPD-Fraktion gegen den Schattenhaushalt der Landesregierung hatte.“

FDP: Maßnahmenpaket enthält Kampfkasse für Schwarz-Grün

„Wo die Not groß ist, wird nichts getan. Auf der anderen Seite legt sich die schwarz-grüne Koalition eine Kampfkasse an und sieht Ausgaben vor, die keinen erkennbaren Bezug zur Corona-Krise haben“, kritisiert Marion Schardt-Sauer, haushaltspolitische Sprecherin der Fraktion der Freien Demokraten im Hessischen Landtag, anlässlich der heutigen Sitzung des Haushaltsausschusses. Dieser hat sich heute mit dem ersten Maßnahmenpaket zur Bewältigung der Corona-Krise befasst – in seiner ersten Sitzung nach Verabschiedung des sogenannten Sondervermögens. Die Freien Demokraten haben dieses abgelehnt und vorgeschlagen, infolge der Corona-Krise erforderliche Maßnahmen über Nachtragshaushalte zu finanzieren. „Außerdem haben wir angekündigt, jeden von der Landesregierung angesetzten Posten dem Corona-Check zu unterziehen. Ausgaben wie Mikrodarlehen für von der Krise betroffene Unternehmen stimmen wir selbstverständlich zu. Doch schon gleich beim ersten Maßnahmenpaket zeigt sich, dass Geld für Vorhaben freigegeben werden soll, die keinen Bezug zu Corona erkennen lassen.

Warum die energetische Sanierung von Forsthäusern in diesem Paket enthalten ist, erschließt sich uns ebenso wenig wie eine Mittelfreigabe für Hessen-Forst für das Jahr 2023. Woher will die Landesregierung jetzt schon wissen, dass dann dort Geld fehlt?“, sagt Schardt-Sauer. „Andere Ausgaben vermissen wir, zum Beispiel für die Unterstützung der Jugendherbergen, die um ihre Existenz kämpfen.“ Schon vergangene Woche hatte Finanzminister Michael Boddenberg das erste Maßnahmenpaket vorgestellt und besonders auf gut 660 Millionen Euro Landesmittel für Kommunen hingewiesen, damit diese Gewerbesteuerausfälle kompensieren können. „Dabei hat der Minister aber wie so oft Transparenz vermissen lassen. Auf Seiten des Bundes, der zusätzliches Geld für die Städte und Gemeinden bereitstellt, fehlt noch die Rechtsgrundlage für die Auszahlung des Geldes an die Kommunen, und auch das Land Hessen muss noch sein Finanzausgleichsgesetz anpassen. Vor Oktober werden die Kommunen kein Geld bekommen“, erklärt Schardt-Sauer. „Der Minister hat eine leere Geschenkverpackung präsentiert.“ +++ pm