Klartext von Radtke: Tollhaus Deutschland, Wählerwille und 18 Mio. für Scholz

Von Haltung ist dieser Tage ohnehin viel zu hören

Deutschland befindet sich im Fußballfieber. Hurra! Die erste Bewährungsprobe gegen Schottland haben unsere „Jungs“ souverän mit 5:1 bestanden. Und dann sogar noch Ungarn mit 2:0 bezwungen. So soll es weiter gehen. Das lässt doch den ganzen wirtschaftlichen und politischen Ärger in dieser Republik vergessen. Zumindest, bis die EM vorüber ist.

Geld spielt in diesem Geschäft eine wichtige Rolle. Geld ist natürlich nicht alles. Eine Binsenweisheit. Doch Geld kann sicher antreiben. Auch zu Höchstleistungen. Jamal Musiala verdient 9 Millionen Euro, seine Kollegen sicher nicht viel weniger. Wie angemessen ist das? Der Bundeskanzler bekommt ungefähr 362.000 Euro, wohlgemerkt im Jahr. Der Unterschied: Musiala macht eine Nation glücklich. Scholz nicht. Spaß beiseite. Scholz – oder welcher Kanzler auch immer – sollte ein ganzes Land führen. Sollte die Geschicke der Bundesrepublik lenken. Möglichst erfolgreich und vor allem nachhaltig. Musiala hingegen sorgt für eine limitierte Freude, die auf das Schicksal der Nation keinen Einfluss hat. Daher komme ich zu dem Schluss, dass Olaf Scholz 18 Millionen Euro verdienen sollte. Vorausgesetzt, dadurch sind Führungsqualität, wegweisende Entscheidungen und wirtschaftliche Prosperität garantiert. Unter diesen Umständen wäre es mir diese Summe auf jeden Fall wert. Bedeutend wichtiger als Geld sind allerdings Haltung, Charakter und Werte. Von Haltung ist dieser Tage ohnehin viel zu hören. Hat sie Macron? Zum großen Teil. Er zog die Konsequenzen aus der Wahlniederlage und rief Neuwahlen aus. Und Scholz? Denkt gar nicht daran. Bei der SPD-Spitze, also Klingbeil, Esken, Kühnert und Scholz lautet das Ergebnis der Europawahl: Die Wähler verstehen uns nicht. Vielleicht mag es auch an einer unglücklichen Kommunikationsstrategie liegen. Eingeständnisse von Fehlern? Fehlanzeige.

Ganz ähnlich sieht es bei den Grünen aus. Baerbock, Habeck, Nouripour und Lang verstehen die Welt nicht mehr. So eine hervorragende Politik wird nicht einmal im Ansatz gewürdigt? Ja, wenn man auch die Bürger als „Versuchskaninchen“ degradiert und mal „testen“ möchte, wie weit man bei der Durchsetzung der eigenen Ideologien eigentlich gehen kann, dann sollte man sich doch nicht wundern. Da kommt die Auszeichnung für Ricarda Lang als Aufsteigerin des Jahres gerade recht. Nach dem desaströsen Grünen-Ergebnis sicher ein schöner Trostpreis für schlechtes Regieren. Die Bundesbürger sind aber auch komische Leute. Sie wollen Lösungen für die drängenden Probleme. Dabei halten sie wenig von Vorschriften, Bevormundungen, Einschränkungen, Repressionen oder Zwang. Und auch nichts vom Gendern, dem Umbenennen von Straßennamen, dem häufigen Ändern des Geschlechtes, von Cannabis und der viel beschworenen Vielfalt. Und wenn die Grünen immer wieder jegliche Lösung der Flüchtlingskrise auf subtilste Art und Weise blockieren und verhindern, dann können Bundesbürger auch mal unangenehm werden und sich von den Grünen abwenden. Sie mutieren dann zu Nazis. Folglich müssen wir nichts Dringlicheres als den Kampf gegen RECHTS führen. Das verlangte ja auch eine Grüne im Rundfunkrat: Mehr berichten über die Demos gegen rechts als über die (unbequemen) Bauernproteste. Überhaupt steht es nicht gerade gut in Sachen Meinungsfreiheit. Natürlich dürfen wir uns auf die Straße stellen und die gesamte Regierung beschimpfen – soweit das nicht in verbal nicht zu tolerierender Weise geschieht. Aber wenn man eben diese eingeforderte Haltung bezieht, eine klare Position vertritt, die nicht dem entspricht, was die amtierende politische Führungselite gerne hören möchte – dann ist man schon sehr schnell ausgegrenzt und gesellschaftlich „geächtet“.

Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang zwei Beispiele. Corona und Migration. Hatte ein Bürger bei beiden Themen Unbehagen, wurde er sofort in die rechte Ecke gestellt. Heute kann man über beides relativ offen sprechen, ohne gleich angefeindet zu werden. Bei der Migration wird es offenkundig. Jahrelang wurde nur debattiert und gestritten jedoch keine Lösung präsentiert. Andersdenkende wurden als Rassisten beschuldigt. Das Schlimme: Nach wie vor wird lediglich diskutiert jedoch nicht gehandelt. Worthülsen, Ankündigungen, Versprechungen. Nicht mehr. In jeder der unzähligen Talk- Shows, die man sich gar nicht mehr antun will. In Anbetracht von täglich 25 Messerangriffen, die häufig tödlich enden, sehr unbefriedigend. Aufgrund des Leidensdrucks haben sich die Prioritäten bei den Wählern einfach geändert. Nicht mehr Klimaschutz steht im Mittelpunkt, sondern Migration, Ukraine Krieg, Inflation und Arbeitsplatzverlust stehen heute auf der Tagesordnung. Die Menschen haben keinerlei Verständnis dafür, dass auffällige Täter, die seit Jahren polizeibekannt sind, frei herumlaufen, weiter ihre Untaten begehen können und trotzdem nicht abgeschoben werden. Es schadet nicht, die ausländische Presse zu lesen. Die Engländer bezeichnen Gelsenkirchen als das „absolute Drecksloch“. Und Frankfurt wird von der ausländischen Presse als Zombieland betitelt – und das sind noch die freundlicheren Beschreibungen. Beschämend für unser Land. Das sollte nicht nur zu Denken geben, sondern auch zum Handeln zwingen. Aus der Europawahl sollten nicht nur die SPD und die Grünen Schlüsse ziehen. Auch die FDP. Die Ampel ist nachweislich gescheitert. Und nun soll alles besser werden? Daran glaubt doch keiner mit etwas Hirn mehr. Daher könnte die FDP zu Neuwahlen beitragen. Wird sie aber nicht. Lieber bis zur bitteren Neige weiter machen. Bei jetzigen Neuwahlen käme die FDP sicher über 5 %. In 2025 auf keinen Fall mehr. Auch kein Problem. Gute Posten in der Wirtschaft warten bereits auf die Minister und Staatssekretäre. Der Rest muss schauen, wie er damit klarkommt.

Und was die Bundestagswahl in 2025 anbelangt. Meine Prognose: CDU/CSU 29,4 %, AfD 14 %, SPD 12,9 %, Grüne 10,6 %, BSW 7,5 %, WerteUnion 6,5 %, FDP 4,9 %. Das muss nicht so kommen, aber vieles spricht dafür. Klar ist, dass alles Mittel, die AfD in ihrem Erfolg zu stoppen, letztlich gescheitert sind. Keine Frage: In der Partei gibt es unmögliche Figuren und Tendenzen. Die Politiker wollen aber nicht wahrhaben, dass durch pauschale und generelle Verunglimpfungen aller AfD-Wähler und Sympathisanten genau das Gegenteil von dem erreicht wird, was bezweckt werden soll. Der Kampf gegen den politischen Gegner nimmt teilweise skurrile Züge an. Das geplante Verbotsverfahren als letztes Aufgebot wird ebenso zum Scheitern verurteilt sein. Wie wäre es denn einmal mit guter Politik? Wie wäre es mit einer überzeugenden Vision und Strategie, die dem Bürger das Gefühl vermittelt, Gehör für seine real existierenden Sorgen und Nöte zu finden? Ist das etwa zu anstrengend? Tut man sich mit einer Diffamierung, einer Ausgrenzung nicht leichter? In einer Demokratie bestimmt nicht.

Zu guter Letzt zur Rolle der CDU/CSU. Warum profitiert die CDU/CSU nicht vom Rückgang der AfD, die bei Umfragen schon einmal bei komfortablen 22 % lag? Relativ einfach zu erklären. Zum einen macht man die CDU/CSU für viele Versäumnisse z. B. offene Grenzen, Abhängigkeit von Russland und China, unzureichende Digitalisierung – um nur einiges zu nennen – mit verantwortlich. Die heutige Situation ist das Ergebnis einer kumulativen Misswirtschaft über mehrere Jahrzehnte, die allerdings nun den Turbo gezündet hat. Zum anderen erkennt man immer noch nicht den festen Willen und die unbändige Kraft sowie Entschlossenheit bei allen Verantwortlichen, an der Situation maßgebliches zu verändern. Jede „Alt“-Partei gibt vor, in der gesellschaftlichen Mitte verortet zu sein. Kann das stimmen? Wohl eher nicht. Es ist auch völlig müßig, sich über die Mitte zu definieren. Es bringt zunehmend weniger. Entscheidender als eine politische Position wie Links, Rechts, Mitte einzunehmen ist doch vielmehr Vernunft walten zu lassen. Also so zu handeln und zu entscheiden, dass es den Menschen nutzt. Nicht immer einfach, doch sicher möglich. In Folge des demografischen, geldpolitischen und technologischen Wandels treten wir in eine Zeit unbekannt fundamentaler Unsicherheiten und Belastungen ein. Das ist bereits jetzt deutlich zu spüren. Das Wort „Tollhaus“ in meiner Überschrift hat seine Berechtigung darin, dass die hier angesprochenen Themen nur die Spitze des Eisberges sind. Momentan gibt es so viele Baustellen wie schon lange nicht mehr. Unzählige Punkte sind ungelöst oder unbefriedigend bearbeitet. Darüber werde ich weiter berichten.

Um zurück zu kommen auf meine Wahlprognose. Es muss noch viel passieren, damit Deutschland nicht unregierbar wird. Vernünftige Mehrheiten ließen sich mit diesen Ergebnissen zunehmend schwer organisieren. Doch noch nie war eine starke und handlungsfähige sowie fachkundige Regierung notwendiger als jetzt. Sie, die Wähler haben es in der Hand. In diesem Sinne grüße ich Sie sehr herzlich. +++ Klaus H. Radtke