Kühnert bezeichnet AfD als „Laubbläser der deutschen Politik“

AfD-Parteitag beendet

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sieht die AfD als „Laubbläser der deutschen Politik“. „Die Delegierten haben zwei Tage lang mit aller Kraft die Eifersüchteleien ihrer Vorsitzenden übertüncht und den Streit über ihren verstoßenen Europa-Spitzenkandidaten weggelächelt“, sagte er mit Blick auf den Bundesparteitag am Wochenende in Essen der „Rheinischen Post“. „Der ausgeprägte Narzissmus des AfD-Personals hat vor allem eins zur Folge: Für die Alltagsthemen der Deutschen oder gar Ideen für die Zukunft blieb keine Zeit.“ Kühnert fügte hinzu: „Programmatisch war der Parteitag eine Nullnummer. Die AfD ist und bleibt auch nach diesem Parteitag der Laubbläser der deutschen Politik: mit ohrenbetäubendem Lärm und rechtsextremer Hetze werden Probleme aufgewirbelt, aber nie ein einziges für die Menschen in diesem Land gelöst.“

AfD tritt aus ID-Partei aus

Die AfD ist aus der europäischen Partei „Identität und Demokratie“ (ID) ausgetreten. Das kündigte AfD-Vize Peter Boehringer am Sonntag beim Bundesparteitag in Essen an. Zuvor hatte der Parteitag den Bundesvorstand bevollmächtigt, selbstständig über die Mitgliedschaft in europäischen Parteienfamilien zu entscheiden. Dem Vernehmen nach kam die AfD mit ihrem Austritt einem Rauswurf aus der ID-Partei zuvor. Die zugehörige ID-Fraktion im Europarlament hatte die AfD-Delegation bereits vor der Europawahl ausgeschlossen. Grund war unter anderem ein Streit um Aussagen des damaligen AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah.

AfD-Parteitag beendet

Die AfD hat ihren zweitägigen Bundesparteitag in Essen am Sonntagnachmittag nach abschließenden Wahlen und Beratungen über die Satzung beendet. Parteichef Tino Chrupalla sagte zum Abschluss, dass man in den neuen Bundesvorstand „Kontinuität und Verlässlichkeit“ gewählt habe. Zudem ging er erneut auf die Proteste ein, bei denen es Samstag auch zu Gewalttaten gekommen war. Den Demonstranten warf er in diesem Zusammenhang „Hetze“ vor. Chrupalla rief zudem mit Blick auf die Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg das Ziel aus, in allen drei Ländern künftig den Ministerpräsidenten stellen zu wollen. Nach zahlreichen Wahlen für verschiedene Gremien war es am zweiten Tag des Parteitreffens auch um inhaltliche Fragen gegangen. So wurde unter anderem eine außenpolitische Resolution beschlossen, wonach Deutschland sich stärker von der US-Außenpolitik „emanzipieren“ müsse. Zudem forderte der Parteitag ein Ende der Waffenlieferungen an die Ukraine und stellte fest, dass die AfD sich als „Friedenspartei“ versteht. Ein mit Spannung erwarteter Beschluss zur Einführung eines Generalsekretärs ab 2025 wurde dagegen vertagt. Ein entsprechender Antrag zur Satzung wurde mit hauchdünner Mehrheit an den Satzungsausschuss überwiesen. Einige Beobachter hatten die Initiative im Vorfeld als möglichen Angriff auf Chrupalla gewertet. Begleitet wurde der Parteitag auch am Sonntag von Protesten, die allerdings deutlich kleiner ausfielen als am Samstag. So kamen etwa zu einer angekündigten Mahnwache in Sichtweite der Grugahalle deutlich weniger als die vorher angemeldeten 500 Menschen. Blockaden gab es im Umfeld des Veranstaltungsortes nicht. Am Vortag war es noch zu Zusammenstößen zwischen Protestlern und der Polizei gekommen, wobei nach offiziellen Angaben mindestens 28 Polizisten verletzt wurden. +++

Analyse des Parteitags

Unsere Analyse des Parteitags der AfD in Essen zeigt einige zentrale kritische Punkte auf.

Normalitätsbestrebungen ohne Regierungsfähigkeit: Die AfD hat versucht, den Anschein von Normalität und Geschlossenheit zu wahren. Trotzdem bleibt die Partei weit davon entfernt, Regierungsverantwortung übernehmen zu können. Die fehlende Aufarbeitung von Fehlern und die Abwesenheit konstruktiver Kritik stehen dem entgegen.

Fehlende Aufarbeitung und mangelnde Selbstkritik: Fehler aus der Vergangenheit wurden nicht analysiert oder diskutiert. Eine gesunde politische Kultur erfordert die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen und sich konstruktiver Kritik zu stellen. Die AfD hat diese Chance verpasst, was ihre Glaubwürdigkeit und Lernfähigkeit in Frage stellt.

Führungsduo ohne kritische Hinterfragung: Alice Weidel und Tino Chrupalla wurden ohne kritische Fragen als Führungsduo bestätigt. Die Abwesenheit von Gegenkandidaten und eine echte Debatte über die Parteiführung deuten auf eine fehlende innerparteiliche Demokratie hin.

Mangelnde Diskussionskultur: Trotz vieler streitbarer Themen, wie der verkorkste Europawahlkampf und der zögerliche Umgang mit skandalbelasteten Kandidaten, wurde eine breite und offene Diskussion vermieden. In anderen Parteien wäre eine intensive Debatte über solche Themen normal und notwendig, um Glaubwürdigkeit und innerparteiliche Demokratie zu sichern.

Verpasste Chancen zur Selbstreflexion: Die AfD hat es versäumt, aus ihren Fehlern zu lernen und notwendige Lehren für die Zukunft zu ziehen. Dies ist für jede Partei, die sich als regierungsfähig präsentieren will, unerlässlich. Stattdessen konzentrierte sich die AfD auf Hetze und polemische Rhetorik, ohne echte Lösungen für die drängenden Probleme zu bieten.

Zusammengefasst lässt sich sagen, dass die AfD auf ihrem Parteitag die Chance verpasst hat, sich als ernstzunehmende politische Kraft zu etablieren, die bereit und fähig ist, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Die Abwesenheit einer kritischen Selbstreflexion und konstruktiver Lösungen zeigt, dass die Partei noch einen langen Weg vor sich hat, um diese Anforderungen zu erfüllen. +++ norbert hettler

Nachrichten schnell und unkompliziert auf dem Smartphone lesen? Das ist jetzt möglich. Fuldainfo hat einen WhatsApp-Kanal gestartet. Der Kanal kann ab sofort kostenlos abonniert werden.