Scholz sagt Ukraine weiteres Patriot-Luftabwehrsystem zu

Ischinger kritisiert Scholz für Taurus-Entscheidung

Bundeskanzler Olaf Scholz

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat der Ukraine die Lieferung eines weiteren Patriot-Luftabwehrsystems zugesagt. „Wir haben der Ukraine auch in der Vergangenheit das Patriot-Luftabwehrsystem zur Verfügung gestellt und ich habe hier dem ukrainischen Präsidenten gesagt, dass wir für die Wintermonate ein weiteres System der Ukraine zur Verfügung stellen werden“, sagte Scholz bei einer Pressekonferenz zum Treffen der Europäischen Politischen Gemeinschaft in Granada.

„Das ist das, was jetzt am allermeisten notwendig ist: Die Luftverteidigung mit diesem hocheffizienten System zu gewährleisten. Denn wir müssen damit rechnen, dass Russland versucht wird erneut im Winter mit Raketenangriffen, mit Drohnenangriffen, mit allem Möglichen Infrastruktur und Städte der Ukraine zu bedrohen.“ Die Lieferung des Luftabwehrsystems sei daher eine sehr weitreichende und sehr wirksame Unterstützung, so der Kanzler. Auf Deutschland könne man sich verlassen. Scholz war zuletzt dafür kritisiert worden, dass er übereinstimmenden Medienberichten zufolge der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine eine Absage erteilt hat.

Kühnert lobt Scholz‘ Vorsicht bei Waffenlieferungen an Kiew

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert lobt die grundsätzliche Zurückhaltung und Vorsicht von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei Waffenlieferungen an die Ukraine. Darum solle man ihm auch bei der Entscheidung zu Taurus-Marschflugkörpern vertrauen, sagte er am Donnerstag dem TV-Sender „Welt“. „Der Bundeskanzler entscheidet seit Kriegsbeginn in all seiner Verantwortlichkeit, die er als Regierungschef hat, immer bedacht und in Abstimmung mit den Partnern, bei jeder einzelnen Waffenlieferung.“ Er habe Deutschland damit gut durch die letzten anderthalb Jahre durchgebracht. „Die Sorgen vieler, dass der Krieg sich ausweitet, dass Nato und Russland in eine bewaffnete Auseinandersetzung geraten, ist genau deshalb auch nicht eingetreten“, so der Sozialdemokrat. „Und deswegen vertraue ich ihm und wir alle sollten ihm weiter vertrauen, dass er die richtigen Entscheidungen zur richtigen Zeit trifft – auch bei der Frage der Taurus-Flugkörper“, sagte Kühnert.

Ischinger kritisiert Scholz für Taurus-Entscheidung

Der ehemalige Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Wolfgang Ischinger, hat die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), keine Taurus-Raketen an die Ukraine zu liefern, scharf attackiert. „Ich halte das für grob fahrlässig“, sagte er dem „Spiegel“. „Am Schluss besetzt die russische Seite eine zunehmend hilflos wirkende und wehrlose Ukraine. Und fragen Sie mal unsere Nachbarn in Polen, in den baltischen Staaten, wie dort die Angst um sich greifen wird, wenn die russische Aggression tatsächlich nicht zurückgetrieben werden kann.“ Ischinger kritisierte nicht nur die Entscheidung selbst, sondern auch das lange Schweigen des Kanzlers in der Taurus-Frage. „Ich halte es für falsch, drei Monate lang mit der deutschen Öffentlichkeit eine unheilvolle Debatte zu führen. In Paris und in London wurde eines Morgens mitgeteilt: Wir liefern Storm Shadow und das französische Pendant dazu in die Ukraine“, so der ehemalige deutsche Botschafter in den Vereinigten Staaten. „Nullkommanull öffentliche Debatte. So macht man das. Nicht so wie bei uns, dass also jeder drittklassige Oberlehrer aus jedem Dorf seine Meinung noch mitteilt.“ Das verwirre die deutsche Öffentlichkeit, so Ischinger. Davon profitiere ausschließlich die russische Propagandamaschine. Deutschland sei dafür leichter ansprechbar als andere Nato-Partner. Zustimmung erhielt der frühere Chef der Münchner Sicherheitskonferenz von Ex-Nato-General Egon Ramms. „Wir müssen immer daran denken: Wenn dieser Tropf von den westlichen Staaten zugedreht wird, dann wird die Ukraine in diesem Krieg verlieren. Und damit wird die Ukraine im Prinzip russisches Territorium.“ Ramms fragte, ob man das wolle, und hob die militärische Bedeutung des Marschflugkörpers Taurus hervor. „Wenn wir darüber nachdenken, wie die Ukraine militärische Ziele der Russen entsprechend bekämpfen kann, einschließlich der Bekämpfung der Nachschubwege, dann hätte das für die Ukraine einen erheblichen Vorteil.“ +++