Städtetag: Kommunen stehen mit dem Rücken zur Wand

Schluss mit weiteren Aufgabenzuweisungen

Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende

„Die Städte in Hessen stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Sie belegen den zweitschwächsten Platz in Sachen Finanzierungssaldo aller Flächenländer – für uns erneut ein Alarmsignal. Die amtliche Statistik bestätigt erneut, dass die hessischen Kommunen die Ausgaben, die sie haben, nicht durch ihre Einnahmen decken können“, sagt der Präsident des Hessischen Städtetages, Wiesbadens Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende nach der Präsidiumssitzung des Verbandes am Donnerstag in der Landeshauptstadt.

Gemeinsam mit dem Ersten Vizepräsidenten, Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld (Fulda), und der Zweiten Vizepräsidentin, Stadträtin Gerda Weigel-Greilich (Gießen), betonte Mende: „Wir appellieren daher eindrücklich an das Land Hessen und den Bund die katastrophale Finanzlage der Kommunen endlich ernst zu nehmen. Wir wünschen uns ein Signal in diese Richtung von der heute tagenden Ministerpräsidentenkonferenz. Wir brauchen keine weiteren Aufgabenzuweisungen, sondern eine auskömmliche Finanzausstattung für Investitions- und Betriebskosten gleich für welche Aufgabenart und eine schonungslose Aufgabenkritik.“

Die Sitzung des Spitzengremiums war erneut mit einer Vielzahl von Themen bestückt, deren zugrunde liegenden Aufgaben Bund und Länder den Kommunen ohne oder ohne auskömmliche Finanzausstattung zugewiesen haben: Ganztagsanspruch, Flüchtlinge, Krankenhaus, Öffentlicher Personennahverkehr und vieles mehr. Präsident Mende: „Uns ist klar, auch Bund und Land stehen vor finanziellen Herausforderungen. Für uns gehört zu einem fairen Miteinander, dass Bund und Länder keine Verabredungen zu Lasten der Kommunen treffen. Und wir erwarten vom Land Hessen, dass es die Interessen der Kommunen mit Verve vertritt und auskömmliche Finanzierungen entweder mit dem Bund vereinbart oder selbst dafür geradesteht“. Die Städte akzeptieren auch nicht, dass das Land selbst im Nachtragshaushalt keine originären Landesmittel einstellt, um den gewachsenen kommunalen Bedarf zu erfüllen.

Präsident Mende: „Wir vermissen einen realistischen Blick des Bundes und des Landes auf die tatsächlichen Handlungsmöglichkeiten der Städte. Ihnen muss im Rahmen ihrer Planungs-, Personal- und Finanzhoheit ein Spielraum bleiben, in dem sie bedarfsgerecht ihren örtlichen Bedarfen selbst nachkommen können. 75 Jahre Grundgesetz feiern, die Kommunale Selbstverwaltung aber letztlich aushöhlen, passt nicht zusammen.“

Zu den konkreten, finanzpolitisch relevanten Themen hat das Präsidium des Hessischen Städtetages am Donnerstag folgende Beschlüsse gefasst. Hinsichtlich der Finanzierung der Verkehrsverbünde erwartet der Hessische Städtetag, dass die jährliche Finanzierungslücke in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen nicht aus Mitteln des kommunalen Finanzausgleichs erfolgt, was ausschließlich eine Umverteilung kommunaler Mittel darstellt. Ohne zusätzliche Mittel des Landes drohen Kürzungen im Leistungsangebot.

Zur Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen saldieren sich die notwendigen Investitionskosten nach Verrechnung mit den von Bund und Land in Aussicht gestellten Fördermittel auf rund 1,2 Milliarden Euro, die von den Kommunen unmöglich aufgebracht werden können. Die für die Betriebskosten erhöhten Umsatzsteueranteile der Kommunen decken voraussichtlich ebenfalls nicht den Bedarf ab. Der Hessische Städtetag wird Ministerpräsident Boris Rhein bitten, sich dieses Themas persönlich anzunehmen. Eine Umsetzung des Ganztagsanspruchs – stufenweise von 2026 bis 2029 – ist ohne auskömmliche Finanzierung der Investitions- und Betriebskosten durch Bund und Land nicht realistisch.

Die Gesetzgebung von Bund und Land zur Kommunalen Wärmeplanung muss aus Sicht des Hessischen Städtetages gemäß des in der Hessischen Verfassung verankerten Konnexitätsprinzips zur auskömmlichen Finanzierung der kommunalen Wärmeplanung durch das Land führen. Der erforderliche Ausbau der Wärmenetze bedingt eine entsprechende Förderung des Bunds.

Die Kosten für die Einführung der Bezahlkarte für Geflüchtete sind aus Sicht des Hessischen Städtetages vom Land zu übernehmen. Zudem darf damit kein zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden sein.

Weitere Beschlüsse des Präsidiums des Hessischen Städtetages betreffen folgende Themen: Die in Landesverantwortung liegende Krankenhausplanung muss aus Sicht des Hessischen Städtetags zeitnah erfolgen. Dabei gilt es, eine wohnortnahe und qualitative Gesundheitsversorgung sicherzustellen.

Die Fortsetzung des ausgelaufenen DigitalPakts durch den Bund ist eine bislang unerfüllte Zusage aus dem Koalitionsvertrag. Sofern der Bund nicht zeitnah Anstrengungen für den DigitalPakt 2.0 erkennen lässt, sieht der Hessischen Städtetag das Land Hessen in der Pflicht, eine hessische Lösung aufzuzeigen und zu finanzieren.

Bei der Umsetzung des Konsumcannabisgesetzes erwartet der Hessische Städtetag, dass keine zusätzlichen Aufgaben auf die Kommunen übertragen werden oder zumindest ein vollständiger Ausgleich für den zusätzlichen Aufwand der Kommunen vom Land getragen wird.

Der Hessische Städtetag begrüßt die Initiative des Landes zur Entlastung hessischer Vereine von GEMA-Gebühren.

Ebenso unterstützt der Hessische Städtetag die Initiative des Landes zur Entbürokratisierung und bietet an, sich in diesen Prozess intensiv einzubinden mit dem Ziel, die Regelungsdichte deutlich zu verringern, den Kommunen mehr Ermessen einzuräumen und Unternehmen und Bürgerinnen und Bürger von bürokratischem Aufwand zu entlasten. +++ pm