Stiko fordert pragmatische Lösungen für übrige Impfstoffdosen

Dreyer und Scholz zu öffentlicher Corona-Impfung bereit

Der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) hat sich für pragmatische Lösungen für übrig gebliebene Impfstoffe ausgesprochen: Beim Impfstoff von Astrazeneca blieben jeden Tag viele Impfstoffdosen liegen, in der Praxis sei es aber oft schwierig, zu identifizieren, wer im konkreten Fall der nächste in der Reihenfolge sei und diesen auch zu erreichen. „Hier sollte es unbedingt in allen Impfzentren Listen geben, die festlegen, wer an die Reihe kommt, wenn Dosen übrig bleiben“, sagte Mertens den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

„Damit kein Impfstoff verworfen wird, kann man auch geeignete Kandidaten aus nachfolgenden Prioritätsgruppen vorziehen“, so der Virologe. Das müsse pragmatisch vor Ort geregelt werden, die Übergänge zwischen den Stufen dürfe man nicht als harte Grenze verstehen. Mertens warnte allerdings davor, die Impfreihenfolge grundsätzlich aufzuheben. „Es darf nicht passieren, dass zum Beispiel schwer kranke Risikopatienten leer ausgehen, weil ganze Berufsgruppen mit starker Lobby unabhängig von der evidenzbasierten Prioritätsstufe vorgezogen werden“, mahnte der Wissenschaftler. Vorrangiges Ziel der Impfungen sei es, gegen das individuelle Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung schützen. „Der epidemiologische Nutzen für die Eindämmung der Pandemie ist sehr wichtig, kommt aber zunächst erst an zweiter Stelle.“

Dreyer und Scholz zu öffentlicher Corona-Impfung bereit

Der Vorschlag von FDP-Vizechef Michael Theurer, Spitzenpolitiker sollten sich frühzeitig öffentlich gegen Covid-19 impfen lassen, stößt auf breite Ablehnung bei der Bundeskanzlerin, bei Bundesministern und Ministerpräsidenten. Das ergibt eine Umfrage des Nachrichtenportals Watson. Zwei prominente SPD-Politiker kündigten indes an, sich öffentlichkeitswirksam impfen lassen zu wollen, sobald sie an der Reihe sind: Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Malu Dreyer, die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. „Die Impfung ist der Game-Changer, mit dem wir die Pandemie hinter uns lassen. Damit kommen wir zurück zur Normalität“, sagte Scholz Watson. Er freue sich auf diese Zeit, wenn man wieder unbeschwert Großeltern und Freunde treffen und Museen, Biergärten und Konzerte besuchen könne. „Ich werde mich selbstverständlich impfen lassen, wenn ich an der Reihe bin. Und ich werde das auch öffentlichkeitswirksam tun, um die klare Botschaft zu setzen: Impfen ist sicher, impfen ist richtig.“ Dreyer sagte dem Portal: „Ich werde mich impfen lassen, sobald ich an der Reihe bin.“ Das mache sie sehr gerne dann auch öffentlichkeitswirksam. „Bis es so weit ist, informieren und werben Impf-Botschafter in Rheinland-Pfalz für die Corona-Schutzimpfung im Rahmen unserer Informationskampagne.“ Ein Sprecher des Bundeskanzleramts verwies auf die Aussage Angela Merkels aus ihrer Neujahrsansprache, derzufolge sie sich impfen lassen werde, sobald sie an der Reihe sei. Dem sei „nichts hinzuzufügen“, hieß es. Ein Sprecher von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte dem Portal: „Herr Ministerpräsident Michael Kretschmer hat mehrfach deutlich gemacht, dass er sich impfen lässt, wenn er an der Reihe ist. Dies ist der Zeitraum, in dem auch die Berufsgruppe der Verkäuferinnen und Verkäufer geimpft werden.“

Kubicki: Astrazeneca-Impfstoff jetzt an Hausärzte abgeben

Der Vizepräsident des Bundestages, Wolfgang Kubicki, fordert eine Beschleunigung der Corona-Impfungen über die Hausarztpraxen. „Es wäre jetzt sinnvoll, Astrazeneca an die Hausärzte abzugeben“, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Mittwochausgaben). „Die Ärzte sollen sich hierbei an der geplanten Impfreihenfolge orientieren, können aber im Bedarfsfall hiervon auch abweichen. Das wäre sowohl deutlich unbürokratischer als auch schneller als das von Jens Spahn vorgesehene Verfahren.“ Außerdem sei zu erwarten, dass die Akzeptanzprobleme des Astrazeneca-Impfstoffs verschwinden, „wenn wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Hausarzt und seinen Patienten immer mehr Menschen geimpft sein werden“, sagte Kubicki.

Kommunen pochen auf rasche Einführung des digitalen Impfnachweises

Der Städte- und Gemeindebund fordert mehr Tempo bei der Einführung des digitalen Impfnachweises. „Es kann nicht der Sinn sein, die jetzigen Impfzentren erst später in Impfregistrierungszentren umzubauen“, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Dann haben wir die gleichen Probleme wie jetzt beim Impfen im Schneckentempo.“ Bei der Einführung komme es nicht darauf an, ob an einen solchen Impfnachweis bereits jetzt die Befreiung von bestimmten Einschränkungen geknüpft sei, fügte Landsberg hinzu. „Mittelfristig wird es dazu allerdings mit hoher Wahrscheinlichkeit kommen, wie andere Staaten wie zum Beispiel Israel bereits jetzt zeigen.“ Der Vertreter des kommunalen Spitzenverbands verwies darauf, dass der Kreis Altötting bereits einen solchen digitalen Impfnachweis eingeführt habe. „Gerade in der Krise müssen wir schneller, effektiver und vorausplanender werden und nicht immer endlose Diskussionen führen, die am Ende zu keinem Ergebnis kommen“, verlangte Landsberg.

Hennig-Wellsow für Zentralisierung der Corona-Politik

Die designierte Linken-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow hat für eine stärkere Zentralisierung der Corona-Politik plädiert. „Ich will den Föderalismus nicht infrage stellen, aber es werden zu viele verschiedene Entscheidungen getroffen“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Da gebe es zu viele Reibungsverluste. „Die Prozesse sollten wenigstens nur in zwei und nicht in drei Händen liegen: Bund, Länder und Kommunen – das ist eine Hand zu viel. Eine Ebene sollte in Pandemie-Zeiten wegfallen, entweder die Ebene der Länder oder die der Landkreise.“ Drei Ebenen seien hinderlich, um schnell und effektiv zu sein, so Hennig-Wellsow. „Das Beste wäre ohnehin, wenn alle Bundesländer dieselben Regeln anwenden würden. Dann hätten wir eine ganz andere Akzeptanz.“ +++